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„Wieder einmal nur nette Worte“

Im Ringen ums Feuerwehrhaus Godshorn kochen die Emotionen über / Sitzung bringt keine Klarheit

Schon lange zu klein: Das Feuerwehrgerätehaus in Godshorn. Foto: Andreas Krasselt

Langenhagen. Der Frust muss raus. „Tim, ich bin stinksauer!“, schimpft Langenhagens Stadtbrandmeister Arne Boy, als er nach der Sondersitzung des Feuerschutzausschusses vor dem Sitzungssaal auf SPD-Politiker Tim Wook trifft. Zuvor haben Boy, Wook und die anderen Mitglieder des Gremiums eineinhalb Stunden über die Zukunft der Feuerwehr Godshorn debattiert. Und obwohl sie sich im Kern alle einig sind, dass ein neues Gerätehaus so schnell wie möglich gebaut werden muss, herrscht am Ende doch dicke Luft.

Vor allem Boy und die knapp
60 Feuerwehrleute, die in Einsatzkleidung zur Sondersitzung angereist sind, sind verärgert. Sie haben gehofft, wenn auch nicht unbedingt erwartet, dass von dieser Sondersitzung ein klares Signal an den Rat der Stadt ausgehen würde – für einen raschen Neubau an der Hermannsburger Straße. Doch eine Mehrheit, angeführt von Godshorns Ortsbürgermeister Wook und der SPD, entscheidet sich am Ende lediglich dafür, die Drucksache als behandelt zu betrachten. Das ist politisch nicht unüblich, bringt die Emotionen am Donnerstagabend aber zum Überkochen.

„Ihr habt hier heute das Signal gesendet, dass ihr kein Signal sendet“, sagt Boy zu Wook. „Jetzt habt ihr bis zur Ratssitzung Zeit, die Drucksache hinter verschlossenen Türen weiter zu diskutieren und zu verändern.“ Das will Wook so nicht stehen lassen. „Arne, die Grünen hatten noch Fragen zur Planung“, kontert der Ortsbürgermeister. „Ihr habt also heute nur nichts beschlossen, weil die Grünen noch Fragen hatten?“, feuert Boy zurück. „Ja“, antwortet Wook. „Und auch wir hatten noch Fragen. Und dann können wir nicht einfach etwas beschließen, ohne das mit unserer Ratsfraktion zu besprechen.“ Ein paar Meter entfernt verfolgt Michael Schuster den Streit und schüttelt immer wieder den Kopf. Er ist Ortsbrandmeister von Godshorn und somit Chef der insgesamt 80 ehrenamtlichen Kameradinnen und Kameraden der Ortsfeuerwehr. „Wie soll ich denen jetzt erklären, was hier heute abgegangen ist?“, fragt er. „Wir haben wieder einmal nur nette Worte gehört, sonst nichts.“

Tatsächlich sind die Feuerwehrmänner und -frauen aus Godshorn in den vergangenen Jahren immer wieder von der Politik vertröstet worden. Ende der Neunzigerjahre hatte die Feuerwehrunfallkasse erstmals die baulichen Mängel an der alten Feuerwache benannt: zu wenig Abstand zwischen den Fahrzeugen, fehlende Duschen und, und, und ... Seit 2016 gibt es ein Standortkonzept für alle Feuerwehren im Stadtgebiet, doch Godshorn ist im Laufe der Jahre immer weiter nach hinten gerutscht. Im Dezember 2022 schließlich hat der Rat der Stadt den für 2023 angedachten Baubeginn aus finanziellen Gründen noch einmal verschoben – auf 2025.

Das aber will die Feuerwehrunfallkasse nicht mehr länger hinnehmen. Sie hat die Stadtverwaltung auffordert, ein Löschfahrzeug zu entfernen. Es gelte, die Sicherheit der Feuerwehrleute zu gewährleisten. „Wir müssen jetzt handeln“, mahnt Boy. „Ansonsten ist der Brandschutz für Godshorn massiv gefährdet.“ Das soll mit einem Neubau verhindert werden. Geplant ist ein zweigeschossiges Gebäude mit Umkleidekabinen, Duschen, Bereitschaftsraum und Fahrzeughalle im Erdgeschoss sowie einem 150 Quadratmeter großen Veranstaltungsraum im Obergeschoss. Die Kosten schätzt die Stadt auf rund 11,5 Millionen Euro. „Aber ist ein zweigeschossiger Bau wirklich erforderlich?“, fragt Wilhelm Zabel von den Grünen in der Sitzung am Donnerstag. „Bei der ursprünglichen Raumplanung 2016 wurde uns noch ein eingeschossiger Bau vorgelegt. Ich appelliere an alle, dass wir möglichst kostengünstig, also eingeschossig, bauen.“

Das sei auf dem Grundstück aus Platzgründen „gar nicht realisierbar“, entgegnet Stadtbaurätin Isabella Gifhorn. Sie wirbt zudem dafür, einen Generalunternehmer mit dem Bau der Feuerwache zu beauftragen. „Dann hätten wir deutlich mehr Sicherheit bei den Kosten, als wenn wir jeden Handwerker einzeln beauftragen würden.“
Die 60 Feuerleute verfolgen die Debatte, die sich zwischenzeitlich um knapp 30 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche dreht, mit einer Mischung aus Verwunderung und Verärgerung. Immer wieder geht ein Raunen durch den Saal. Am Ende kann sich der Ausschuss trotz einhelliger Meinung, dass das neue Gerätehaus schnellstmöglich errichtet werden müsse, nicht darauf einigen, die Stadt mit weiteren Planungen zu beauftragen. SPD, Grüne und Liberale stimmen nur dafür, die Drucksache als behandelt zu betrachten. Der Forderung des Ortsrats Godshorn, die Verschiebung des Baustarts zurückzunehmen und Mittel für das Gerätehaus in den Etat 2023 aufzunehmen, schließt sich das Gremium hingegen an – auch mit den Stimmen von SPD, Grünen und Liberalen.
Und nun? Blicken die Feuerwehrmänner und -frauen gebannt auf den 20 Februar. Dann wird der Rat der Stadt endgültig über den Baustart der neuen Feuerwache entscheiden. Michael Schuster und seine Kameradinnen und Kameraden werden wieder vor Ort sein. „Und dann“, verspricht er, „werden wir noch viel mehr Leute sein als heute.“

Quelle: HAZ / von Patrick Hoffmann

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